Designtheorie | Good-Practice Beispiel aus der Fakultät Design und Kunst
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Good-Practice Beispiel aus der Fakultät Design und Kunst

22 Mrz Good-Practice Beispiel aus der Fakultät Design und Kunst

Transzent, Zentrum für Transformationsforschung und Nachhaltigkeit an der Bergischen Universität Wuppertal, berichtet über ein so genanntes Service Learning-Projekte am Lehrstuhl Designtheorie im Wintersemester 2015/2016:

Marketing und Markenstrategien für das Wuppertaler Kulturangebot
Im Wintersemester 2015/2016 fand in der Abteilung Industrial Design, Lehrstuhl Designtheorie, Schwerpunkt: Methodik, Planung und Strategie von Prof. Dr. Brigitte Wolf in der Fakultät für Design und Kunst der Bergischen Universität Wuppertal das Seminar „Marketing- und Markenstrategien“ unter Leitung von Dipl. Des. Anne Kurth, wissenschaftliche Mitarbeiterin von Prof. Dr. Brigitte Wolf, statt.

Aufgabe
Im Vorfeld des Seminars hatte die Wuppertal Marketing GmbH nach Absprache mit den Kulturpartnern* der Stadt eine Aufgabenstellung an die Studierenden formuliert: Basierend auf der Grundannahme, dass das Kulturangebot der Stadt Wuppertal interessant bis einzigartig ist, aber nicht ausreichend bekannt ist und über die Region hinaus wahrgenommen wie genutzt wird, sollten als Ergebnis dieser Kooperation zwischen der BUW und dem Kulturmarketing Marketing- und Markenstrategien als Ideen und Konzeptansätze erarbeitet werden, die eine höhere Bekanntheit des Kulturangebotes erreichen. Diese Reichweite der Kommunikation solle das unmittelbare, regionale Umfeld Wuppertals ebenso einschließen, wie größere Entfernungen und unterschiedliche Zielgruppen berücksichtigen (Reiseveranstalter und -büros, Kunst- und Kulturvereine, Volkshochschulen, individualreisende Kunst und Kulturinteressierte, etc.). Die sehr unterschiedlichen Kulturpartner* der Stadt sollen in ihrem Angebot und ihrer Identität im Rahmen der zu erarbeitenden Ideen und Konzepte deutlich erkennbar bleiben. Wuppertal als Standort selber solle attraktiver werden.

Ablauf
Auf der Basis dieser Aufgabenstellung entwickelten die Studierenden im November 2015 im Rahmen einer Workshop-Woche in fünf Gruppen verschiedene Ansätze. Vor Seminarbeginn besuchten die Studierenden jeweils eine der fünf kulturellen Einrichtungen und fassten ihre Beobachtungen in einer Customer Journey Map zusammen. Auch der Besuch einer weiteren überregionalen kulturellen Einrichtung wurde mittels einer Customer Journey Map dokumentiert. Viele Überschneidungen gab es in der Auswertung bei folgenden Kritikpunkten am Wuppertaler Kulturangebot: Informationen über digitale Medien werden kaum kommuniziert, eine zentrale Kulturplattform gibt es nicht im Web, lange Schlangen an Bars, WCs und Garderoben, schlechte Sitzplatzzuweisung und -beschriftung, kostenpflichtige Parkplätze und Garderobennutzung, keine Orte wie Cafés, um sich nach dem Kulturangebote noch auszutauschen, teilweise keine englischen Infos. Im Vergleich dazu wurden bei anderen Einrichtungen wie dem Theater Dortmund, dem MAKK Köln oder dem Folkwang Museum Essen u. a. folgende Punkte als sehr positiv bewertet: Die Städte bieten ein interessanteres Angebot nach der Veranstaltung, Informationen sind über digitale Medien gut verfügbar, die Einrichtungen bieten schöne Cafés oder Bars zum anschließenden Austausch. Deutlich erkennbar wurde, dass das Service- und Informationsangebot (im Vorfeld wie auch zur Nachbereitung!) rund um ein kulturelles Angebot enorm wichtig ist und die Attraktivität eines Standortes vom Gesamtangebot abhängig ist. Was alle Studierende als wichtigste Verbindung des Wuppertaler Kulturangebotes erkannten war die Wuppertaler Schwebebahn – sie stellte sich als wichtiges Bindeglied heraus. Zum Einstieg in das Seminar referierte Anke von Heyl, Kunsthistorikerin, Museumspädagogin und Kulturexpertin, über die Trends und Probleme in der internationalen Kulturlandschaft und Erkenntnisse in der Kulturvermittlung aus ihrer langjährigen Arbeit als wissenschaftliche Angestellte des Museumsdienst Köln. Mit den Studierenden wurden dann zentrale Themen der Kulturvermittlung mittels der World-Café-Methode bearbeitet: Begegnung (Kultureinrichtungen müssen als Orte der Begegnung** verstanden werden.), Veränderung (Angst vor Veränderung ist groß.), Social Media (Wie kommunizieren Kultureinrichtungen? Wie werden und wie können neuen Medien/Technologien genutzt?), Zuhörerschaft (Audience-Development***) und Services (Service-Design). Basierend auf den Erkenntnissen der Customer Journey, der Auseinandersetzung mit dem Thema Kulturvermittlung und einem weiteren Besuch der Kulturpartner (Backstage) entwickelten die Studierenden dann eigene Ideen, die sie im Seminarverlauf auch rund 30 Kommilitonen aus dem dritten Semester mittels einer Speed-Dating-Methode vorstellten und weiter evaluierten. In den folgenden zwei Tagen bis zur Präsentation vor den Kulturpartnern der Stadt Wuppertal wurden die Ideen skizziert, diskutiert, verworfen, neu und zu Ende gedacht. Die Studierendengruppen wurden übrigens so zusammengesetzt, dass in jeder Gruppe ein Studierender war, der sich im Vorfeld durch den Besuch der kulturellen Einrichtung quasi vor und hinter der Bühne als Experte profiliert hatte. So konnte gewährleistet werden, dass jeder der fünf Gruppen über einen ähnlichen Informationsstand verfügte.

Ergebnisse
Studierendengruppe A möchte die Kulturlandschaft Wuppertals beleben. Sie haben einen Pinguin als Maskottchen entwickelt, der zukünftig eine optische Klammer für alle Einrichtungen darstellen soll. Darüber hinaus fordern sie ein gut erkennbares und buntes Wegeleitsystem, das die Besucher visuell gleich am Bahnhof abholt. Die Vielzahl an Treppen, die in Wuppertal zu finden ist, soll als Werbefläche und vor allem als Kulturkalender neu genutzt werden. Kultur soll in die Stadt kommen und eine heterogene Szene bilden.

Gruppe B möchte die Starrheit der Kulturpartner auflösen und die Kultur für alle Menschen, vor allem junge Menschen und Familien, öffnen. Sie schlagen den WupperArtvent vor. Die Wuppertaler Schwebebahn wird als Bindeglied genutzt, um alle kulturellen Einrichtungen miteinander zu verbinden, indem vierundzwanzig Kulturstationen (zwanzig Bahnstationen mit vier Sonntags-High-Lights) zu vierundzwanzig Adventskalendertürchen werden. Von Flashmops, über Performances bis hin zur Street-Art sollen neue Medien und Kunstformen die tradierten verjüngen.

Auf die Neugier und die Lust am Entdecken des Betrachters setzt Gruppe C. Sie möchten Kunst und Kultur verhüllen und so die Aufmerksamkeit auf das Versteckte richten. Die Verhüllung verbindet dann zeitweise die Kulturpartner zumindest thematisch. Ein Gremium aus Stadt, Kultur und unabhängigen Beratern soll dann regelmäßig Projekte auswählen, die durch eine Verhüllung zeitweise ins Zentrum der Aufmerksamkeit gezogen werden. So werden die Kulturpartner zur Zusammenarbeit verpflichtet und neue Kunstformen sollen in die Öffentlichkeit gebracht werden. In so genannten „Black-Boxen“ werden die kulturellen Einrichtungen aktionsweise inszeniert. Dabei geht es darum, Kultur neu zu begreifen – Musik zum sehen, Kunst zum Fühlen … kurzum: Kunst und Kultur zum entdecken.

Gruppe D findet, Wuppertal ist klein, aber fein. Sie setzen dieses Prinzip ein, um das Kulturangebot neu zu positionieren. Ähnlich eines Zirkus wandert ein Wuppertaler Kulturpavillon in die benachbarten Großstädte und zeigt, den Großen, was die kleine Stadt zu bieten hat. „A Taste of Wuppertal“ ist die Botschaft, die hier kommuniziert werden soll. Und vor Ort wird auch hier die Schwebebahn und ihre Haltestellen als Verbindungsglied gesehen, denn die Haltestellen sollen zu Themenhaltestellen werden und eine Website, die das kulturelle Angebot und darüber hinaus Tipps für einen Aufenthalt in Wuppertal gibt, bündelt.

Eine gemeinsame Dachmarke schlägt Gruppe E vor. Unter dem Label „Kulturtal“ werden alle Aktivitäten auf einer gemeinsamen Website gebündelt, um das Kulturangebot übersichtlich zu kommunizieren und darüber hinaus mit weiteren Angeboten der Stadt zu verbinden. Die Erscheinungsbilder der fünf Kulturpartner bleiben unverändert, werden nur durch ein gemeinsames Brand gelabelt.

Ausblick
Alle Ergebnisse wurden vor dem Wuppertal Marketing und Stellvertretern der fünf kulturellen Einrichtungen präsentiert. Die Studierenden machten deutlich, dass Veränderungen und eine stärkere Kooperation zwischen allen Partnern Voraussetzung sind. Auch das Thema Social Media und Kommunikation im Internet muss verbessert werden. Neue Kunstformen und Happenings braucht die Stadt, damit es auch eine Subkultur geben kann. Die Stadt muss attraktiver werden, damit Besucher von außerhalb auch nach einem Pina-Bausch-Besuch noch verweilen. Die Ideen sind größtenteils mit Begeisterung aufgenommen worden, doch eine Umsetzung der Ideen scheint letztlich an finanziellen Mitteln und der notwendigen Kooperationsbereitschaft der Beteiligten zu scheitern.
* Kulturpartner der Stadt: „Historische Stadthalle“ – „Tanztheater Wuppertal Pina Bausch“ – „Von der Heydt-Museum“ – „Wuppertaler Bühnen“ – „Skulpturenpark Waldfrieden“

** “As more and more public space is privatized museums should realize their advantages as accessible places for encounters.” Tony Butler, Director, Museum of East Anglian Life

*** nach Prof. Dr. Birgit Mandel: ttps://www.unihildesheim.de/fb2/institute/kulturpolitik/team/mandel

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