Designtheorie | Christian Pille berichtet über seinen Brasilien-Aufenthalt
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Christian Pille berichtet über seinen Brasilien-Aufenthalt

23 Mrz Christian Pille berichtet über seinen Brasilien-Aufenthalt

Brasilien ist ein Land mit starken Kontrasten, die entdeckt, aber auch gefallen möchten. Ich persönlich finde es sehr inspirierend Kulturen kennenzulernen, die nicht über dieselben Mittel und Infrastruktur, wie wir in Deutschland verfügen. In einer atemberaubenden Natur bietet die offene Mentalität, Möglichkeiten unser eigenes Leben und unsere Gewohnheiten, zu diskutieren und in Frage zu stellen. Diese Distanz ermöglicht gerade einem Designer breite Erfahrungen.

Vorbereitung, Hindernisse und Anreise
Die Antragstellung des Stipendiums und die Bewerbung für die Gastuniversität in Brasilien liefen hervorragend ab. Ich wurde von allen Seiten gut unterstützt, auch die Beantragung des Visum verlief ohne Komplikationen. Lediglich der Umstand, dass das Visum persönlich (in meinem Fall in Frankfurt) gestellt und abgeholt werden musste, war etwas umständlich.

Der Semesterbeginn in Brasilien war für einen Zeitraum angesetzt, der weit vor den Prüfungsterminen in Deutschland lag. Nach einigen Gesprächen mit meinem Fachbereich konnte dieses Problem auch gelöst werden.

Bereits in Deutschland hat das International Office der PUCPR Kontakt zu mir aufgenommen und umfangreiche Informationen über die Universität, den Wohnungsmarkt, Behördengänge und kulturelle Unterschiede gesendet.

Da ich mich für das Buddy Programm angemeldet hatte, schrieb mich kurze Zeit später ebenfalls eine brasilianische Studentin über Facebook an, um mich in der neuen Situation zu unterstützen.

In Curitiba angekommen wurde ich von meinem Vermieter und seinem Sohn herzlich am Flughafen empfangen. Da mein Vermieter, Francisco, kein Englisch spricht, versuchte der Sohn mit seinem Schulenglisch zu vermitteln, was eine ziemlich witzige Mischung aus seinem Englisch, einem verwirrten Francisco und meinem schlechten Portugiesisch ergab.

Curitiba ist nicht Brasilien. Dies konnte ich direkt in den ersten Wochen feststellen. Die 1,9 Mio. Einwohner Stadt in den Bergen Paranás erfüllt so gar nicht das Klischee des sonnigen, warmen Samba tanzenden Brasiliens. Es herrscht ein angenehm gemäßigtes Klima in der oft an Europa erinnernden Metropole. Vieles ist sehr gut geregelt und der öffentliche Nahverkehr sollte für viele Metropolen ein Vorbild sein. Curitiba gilt als die Ökohauptstadt Brasiliens und tatsächlich wird viel daran getan, diesem Image gerecht zu werden. Neben speziellen Zweigelenkbussen die mit Biodiesel fahren, unzähligen Parkanlagen im Stadtgebiet und einer umgebenden Landschaft, die zum Wandern und Klettern einlädt, bietet auch die historische Innenstadt mit dem Largo da Ordem Raum zum Erholen und Feiern. Nichtsdestotrotz leidet die Stadt an der wachsenden Städteflucht der Landbevölkerung, was zu neuen Herausforderungen an den Transport, die sozialen Differenzen und vor allem die Sicherheit geführt hat.

PUCPR
Von der Universität bin ich sehr beeindruckt. Die Pontifícia Universidade Católica do Paraná ist mit 31.000 Studierenden eine der größten privaten Universitäten in Brasilien. Der Campus ist wie eine andere Welt. Moderne Gebäude, überdurchschnittlich gute Ausstattung (für deutsche Verhältnisse) und sehr gute Professoren. Als Student wird man umfassend betreut und individuell gefördert. Dieser Service reicht bis zu einer eigenen Universitäts-Arztpraxis, die kostenlos jederzeit aufgesucht werden kann. Für internationale Studenten wird ein “English Semester Program” offeriert. Es wird die Möglichkeit geboten, frei nach Interesse aus allen möglichen Fachrichtungen Kurse zu wählen, wodurch sich interdisziplinäre Gruppen bilden. Der Schwierigkeitsgrad der Inhalte leidet etwas unter diesem System, da dem Designer Urban Planning erklärt werden muss, wie in meinem Fall, doch ist es ein ungemeiner Mehrwert, aus den Denkmustern seiner eigenen Profession hervorzutreten und mit Architekten, BWLern und PR-Studierenden gemeinsam an Projekten zu arbeiten. Für Studierende, die im Portugiesisch sicher sind, wird natürlich auch die Möglichkeit geboten, an den regulären Kursen teilzunehmen. Neben den Kursen wird ein umfangreiches Angebot an Sportarten geboten. Angefangen vom Fitnessstudio inkl. persönlicher Beratung, über Capoera bis hin zur Indoor-Surfschool, die einmal im Monat zum Strand fährt, um das gelernte anzuwenden. In der Regel sind diese Kurse kostenlos. Lediglich einige kostenintensive Sportarten, wie zum Beispiel Surfen sind zu bezahlen.

Die Professoren waren sehr bemüht darin, jeden Studenten mit seinen Stärken und Schwächen kennen zu lernen, um den Kursinhalt bestmöglich an die Ansprüche einer interdisziplinären Studierenden-Gruppe anzupassen.

Bewertung des Exchange und der interkulturellen Erfahrungen

Zusammenfassend würde ich sagen: „Der Austausch hat sich sehr gelohnt!“. Das halbe Jahr war eine große Bereicherung, akademisch, aber auch persönlich. Ich habe viel über andere Kulturen lernen können und einige gute Freunde gewonnen. Besonders die Geschehnisse in Europa (Flüchtlinge, Russland, Paris, etc.) boten Möglichkeiten zum Austausch über Medien und Denkmuster hinweg. Neben all dem Bildungsbezug bietet Brasilien einiges zum Freizeitausgleich. Unzählige Strände, atemberaubende Landschaften, wilde Tiere und immer eine Möglichkeit den nächsten Caipirinha zu bestellen.

Autor: Christian Pille

Anmerkung: Prof. Dr. Brigitte Wolf ist Länderbeauftragte für Lateinamerika der Bergischen Universität Wuppertal und betreut das Austauschprogramm mit Lateinamerika.